Aber bitte mit Salz

Wir befinden uns in keinen einfachen Zeiten. Die Corona-Krise hält die ganze Welt weiter fest im Griff, und genau deshalb möchte ich mit Ihnen über „Salz“ sprechen!

Ein Gesetz, das für alle Opfer, über die wir in der Tora lesen, gleichermaßen gilt, ist, dass jedes Opfer mit Salz dargebracht werden muss. Hier finden wir die Quelle des Brauchs, unser Brot in Salz zu tauchen, so wie es in unserem Gesetzbuch erklärt wird: „Es ist üblich, Salz auf den Tisch zu legen. Das Grundprinzip ist, dass der Tisch vergleichbar ist mit dem Altar und unser Essen mit den Opfern“ (Schulchan Aruch Haraw, Orach Chajim, Kapitel 167).

Warum gerade Salz?

In der Antike war Salz das Konservierungsmittel schlechthin. Salz war schon immer ein Symbol von „Ewigkeit“. Mit dem Gebot, dass kein Opfer ohne Salz dargebracht werden darf, lehrt uns die Tora, dass alleine ein flüchtiger Moment der Inspiration keinen Wert hat. Wenn man inspiriert ist, der Tora näher zu kommen, um ein Opfer darzubringen, muss man den Blitz der Inspiration ergreifen und ihn bewahren, indem man ihn im übertragenen Sinne mit einem Maß Salz konserviert.

Nun befinden wir uns bereits zum zweiten Mal in einem „Lockdown“. Wir dürfen uns nicht mit mehr als zwei Haushalten treffen, Restaurants und alle Freizeitmöglichkeiten sind wieder
geschlossen. Viele Menschen sitzen in Quarantäne, viele Menschen haben wieder Angst, einkaufen zu gehen. Es wird uns schon wieder deutlich, dass vieles, was wir als „sicher“ betrachtet haben, in Wirklichkeit nicht so sicher ist.

Das Einzige, was ewig ist, ist der spirituelle Aspekt des Lebens. Angenommen, Sie genießen Ihre Freizeit oder machen einen Familienurlaub (hoffentlich wird dieses schon bald wieder möglich sein). Die physischen Aspekte der Erfahrung sind flüchtig und werden verschwunden sein, bevor Sie es wissen. Aber es gibt eine Möglichkeit, die Erfahrungen ewig zu machen. Wenn der Urlaub es Ihnen ermöglicht, sich mit Ihrem Kind zu verbinden, wenn die Erfahrung Ihnen hilft, mit Ihrer Seele in Kontakt zu treten, dann haben Sie es für die Ewigkeit „konserviert“.

Dies ist die Symbolik des Salzes auf den Opfern. Die Tora lehrt uns, dass wir ein physisches Objekt, vorübergehend und flüchtig, nehmen und es dauerhaft und unsterblich machen können. Wir können und sollten unsere Opfergaben salzen und sie mit Spiritualität erfüllen, die das wahre Konservierungsmittel ist. Wenn wir eine Mahlzeit essen, und das Gleiche gilt für jede andere körperliche Erfahrung, können wir uns entweder auf den materiellen, vorübergehenden Aspekt der Erfahrung einlassen oder unser Brot in Salz tauchen.

Es liegt in unseren Händen, unsere positiven Erfahrungen zu transformieren und sie zu spirituellen, heiligen und ewigen zu machen, besonders in Corona-Zeiten.

Rabbi Mendel GUREWITZ,
Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Offenbach